You can’t always get what you want …

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von JULIA DETTMER

… But if you try sometimes
You might find
You get what you need.

(The Rolling Stones: „You Can’t Always Get What You Want“ auf „Let It Bleed“) Erst mal sorry. Es wirkt, als sei ich nur noch im Urlaub, weil ich mittlerweile nur noch von Reisen berichte. Leider arbeite ich auch zwischen den Trips ;).

Zurück zum Eingangs-Song-Zitat: Die Rolling Stones haben meinen Korfu-Urlaub (der schändlicherweise schon wieder Wochen zurückliegt) untermalt. Durch Zufall stieß ich auf meine alte Lieblings-Playlist, streckte sie mit ein paar neuerdings lieb gewonnenen Songs („Tumbling Dice“!) noch ein wenig und hörte dann sieben Tage lang nix anderes. Moment, Korfu? Jawoll.
Madeira war letztes Jahr so erholsam, dass ich unbedingt wieder eine Insel erkunden wollte. Ich verbrachte also eine Woche im Südwesten dieses grünsten griechischen Fleckchens Erde und ließ mich einfach treiben. Im Pool, im Meer, in meinen Gedanken. Kommense mit, auf nach Korfu! Der Song, mit dem wir diesen Blogbeitrag eingeleitet haben, passte schon am Anfang perfekt zu dieser Reise. Führerschein vergessen, Leihwagen nicht abholen können, prima. Aaaber „You get what you need“ traf zu, denn so kam ich zu einer abenteuerlichen Radtour, von der ich nachher erzähle.

Wenn man da landet, denkt man, man stürzt jetzt gleich ins Meer ab. Der Flughafen ist direkt am Meer und die Landebahn von Wasser umgeben. Kurzzeitig zuckte die coole Alleinreisende (ich) also am Fensterplatz im Flieger zusammen und erschreckte damit ihren Nebensitzer, aber das war’s auch an Adrenalin. Im Hotel angekommen erkundete ich gleich mal die Gegend. Schöne Gegend! Still, mit kleinem eigenen Strand, mit malerischen Laufstrecken direkt am Meer, mit Tavernen samt Aussicht und mit einer kleinen Kirche. Hier verbrachte ich die meisten Nachmittage mit den Stones und einem Buch: Mit dieser Aussicht speiste ich zu Abend: Hinter dieser Kirche machte ich morgens Yoga mit Meeresrauschen: Da man aber nicht sieben Tage am Stück nur Yoga machen, rumliegen, lesen und spachteln kann, machte ich mich eines Tages auf in den Norden in die Hauptstadt von Korfu = Korfu Stadt = Kerkyra. Da kann man bequem mit dem Bus hinfahren, die Fahrt geht am Meer entlang und kostet drei Euro. Geschichtliches lest ihr hier. Meine Sicht gibt’s hier: In Kerkyra kann man jede Menge machen. Rumlatschen, antike Sachen anschauen, alte Gassen entdecken, schlemmen, shoppen, schwimmen … Ich hab alles gemacht außer schwimmen. Zuerst ging’s in/auf die alte Festung, was im Sommer zwar mehr als schweißtreibend ist, der Ausblick entschädigt aber auf jeden Fall für die Strapazen des Aufstiegs. Ich bin ja kein großer Fan davon, penibel genau alle Stationen des Reiseführers abzuschreiten. Ich mag viel lieber den Effekt: „Ah, stimmt, da bin ich auch dran vorbeigekommen“, wenn man den Reiseführer erst nach der Erkundungstour anguckt und sich vorher selbst ein Bild macht. Meines sah so aus: Und so sah ich dabei aus: Kleiner Tipp: Zieht halbwegs vernünftiges Schuhwerk an, wenn ihr die alte Festung besteigt. Die Steine sind von den vielen Sohlen, die da schon drüberliefen, so abgeschmirgelt, dass der Weg nach oben nicht nur steinig, sondern auch glatt ist. Die Gässlein der Altstadt sehen dann circa so aus: Highstreet-Ketten gibt es nicht, dafür unzählige kleine Läden wie zum Beispiel diesen hier, der mir ein handgenähtes Leinenleiberl bescherte: Außerdem gibt es an jeder Ecke und auch an jeder Nicht-Ecke leckeres Essen wie zum Beispiel diese herrlichen Loukoumades. Das sind megagesunde frittierte Teigbällchen mit leichten Füllungen wie Käse und Schinken oder Schoko und Kokosmasse. Mir war nach dem Verzehr von acht Stück etwas blümerant in der Hitze, aber ich konnte nicht anders. Ich musste die süße und die herzhafte Variante probieren und schleppte mich dann klagend zum Bus. Weil ich immer ein bisschen Abenteuer brauche (die Loukoumades waren nicht genug), wenn ich auf Tour bin (wir erinnern uns daran), gönnte ich mir am letzten Tag ein Fahrrad, um den Inselsüden zu erkunden.
Um 10 stieg ich auf den Sattel, um 17 Uhr kam ich nach fast 40 Kilometern zurück. Was für ein Trip!
Google Maps zeigt einem ja nun nicht gaaanz so genau an, WIE steil die Landschaft ist. Also musste ich bereits um 10 nach 10 absteigen und schieben, weil die Steigung einfach zu krass war. Ich erkundete kleine Bergdörfer, Olivenhaine, verlassene Strände an der Ostküste. Ich pausierte in unerwartet hippen Cafés, kaufte meinen neuen Lieblingssnack Feigenkuchen in den kleinsten „Supermärkten“ der Insel und hörte das komplette Hörbuch zu Susanne Fröhlichs „Feuerprobe“ durch (ich liebe diese Frau!). Am schönsten waren die Abfahrten, wenn es von einem Bergdorf wieder ins nächste ging. Ich brauste kilometerlange Hänge hinunter und fühlte mich wie Maggie in „Stadt der Engel“ (nur ohne Tod am Ende). Ich sage euch, dieser Tag war die komplette Freiheit.
Zwischenzeitlich fiel mir zwar ein, dass es schon ganz schön leichtsinnig ist, das alleine zu machen (vor allem, als ich mich mal verfuhr und auf einem steilen, verwilderten Kiesweg landete, den meine Google Maps-Offline-Karte nicht kannte und auf dem ich keinen Empfang hatte), aber genau das macht es dann ja auch irgendwie aus.

Wer sich immer noch fragt, warum zur Hölle man alleine verreisen sollte, dem nenne ich jetzt 6 gute Gründe.

1. Man muss keine Kompromisse machen und kann tun und lassen, was man will. Aufstehen, wenn man wach wird, Essen gehen, wenn man selbst Hunger hat, schlafen gehen, wenn man müde ist, Laufen gehen, wenn einem danach ist.

2. Man kann den ganzen Tag die Stones (oder Gaslight natürlich) rauf und runter hören, ohne dass jemand sagt „Alte, kannst du mal bitte was anderes machen? Das nervt jetzt!“

3. Man hat Zeit, sich selbst wieder auszupegeln. Ich habe in dieser Woche kaum gesprochen, kaum gelacht und wenig gesungen. Was sich traurig anhört, war aber sehr reinigend. Als ich heim kam, hatte ich wieder richtig Lust, meinen Mund aufzumachen.

4. Man kommt auf Gedanken. Wenn der Austausch mit anderen wegfällt, tauscht man sich nämlich mit sich selbst aus und bringt sich auf neue Ideen.

5. Man nimmt alles viel intensiver wahr. Wenn man von niemandem abgelenkt wird und sich auf niemand anderen verlassen kann.

6. Man überwindet permanent kleine Ängste. Ohne Begleitung essen gehen, alleine ein Sonnenbett für zwei beziehen, ohne Hilfe Touren machen … geht alles und stärkt das Selbstbewusstsein mehr als jedes Kompliment von einem anderen Menschen.

Als ich plötzlich feststellte, dass ich schon wieder fast daheim war, war ich beinahe wehmütig. Das Abenteuer Radtour ging nahtlos in das Ende des Abenteuers Korfu über. Ein letztes Dinner am Strand bot die passende Abschiedsszenerie. Wow, es tat sehr gut, dieses Posting zusammenzubauen. In meinen Ohren rauscht das Meer und ich fühle mich plötzlich ganz leicht und ein bisschen in die Urlaubsstimmung zurück versetzt. Als Abschluss kommt jetzt natürlich noch mein Resümee: Korfu ist toll! Ich war schon auf Rhodos und Kos und finde Korfu von allen dreien am besten. Die Landschaft ist so einzigartig schön (erinnert hier und da an die kalifornische Küste, dann wieder an die Ostsee), man kann einiges unternehmen, oder einfach nur entspannt rumhängen. Die Leute da sind extrem relaxt und freundlich, Hektik gibt es nicht. Wer also mal rauskommen, eine Schönwettergarantie, traumhafte Strände und die Möglichkeit für Action will, ist auf Korfu genau richtig.

Ich wünsche euch ein sonniges WE mit viel Eis und Eiswürfeln im Getränk. Wir lesen uns schon sehr bald wieder, denn jetzt bearbeite ich die nächste Reise nach: Helsinki.